Kann jemand gegen seinen Willen auf einer psychiatrischen Station aufgenommen und behandelt werden?
Im Prinzip gelten für die Behandlung psychischer Erkrankungen dieselben Bedingungen und Gesetze wie für die Behandlung körperlicher Erkrankungen. Die Aufnahme im Krankenhaus und die Behandlung erfolgen üblicherweise als Übereinkommen zwischen Arzt und Patient. Das heißt, dass ein Arzt einen Patienten nicht behandeln darf, wenn der Patient nicht einverstanden ist.
Von dieser Regel gibt es zwei Ausnahmen:
- Wenn eine akute Lebensgefahr für den Patienten besteht: In diesem Fall darf ein Arzt einen Patienten auch ohne dessen Zustimmung behandeln (z.B. bei Bewusstlosigkeit nach einem schweren Verkehrsunfall).
- Wenn aufgrund einer psychischen Erkrankung eine ernstliche und erhebliche Gefahr für den Erkrankten oder andere Personen entsteht: Diese seltene Ausnahme einer Behandlung psychischer Erkrankungen ist durch das Unterbringungsgesetz (UbG) geregelt.
Unterbringungsgesetz (UbG):
Durch eine psychische Erkrankung kann es selten zu Zuständen kommen, in denen eine Gefahr für die Gesundheit oder das Leben des Kranken selbst entstehen kann (z.B. wenn ein Erkrankter so sehr unter seinen Symptomen leidet, dass er nicht mehr weiter leben will). Ebenfalls sehr selten kann es im Rahmen einer psychischen Erkrankung dazu kommen, dass sich jemand für andere Menschen gefährlich verhält (z.B. wenn ein Erkrankter aufgrund seiner Symptome den Verdacht entwickelt, dass ihn jemand bedroht und er sich gegen diesen vermeintlichen Angreifer aggressiv zur Wehr setzt).
Nur wenn durch eine psychische Erkrankung eine ernstliche und erhebliche Gefährdung für das Leben oder die Gesundheit des Erkrankten oder anderer Personen entsteht, darf ein psychisch Erkrankter auch gegen seinen Willen an einer psychiatrischen Spitalsabteilung aufgenommen und behandelt werden. Die Betonung der ernstlichen und erheblichen Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit bedeutet, dass ein rein finanzieller oder sozialer Schaden für eine Unterbringung nicht ausreicht.
Um die Rechte der Patienten an psychiatrischen Abteilungen besonders zu schützen, wurde 1991 das Unterbringungsgesetz (UbG) geschaffen. In diesem Gesetz sind alle Voraussetzungen und Rahmenbedingungen geregelt (z.B. unabhängiger Gutachter, Rechtsbeistand, maximal zulässige Dauer einer Aufnahme ohne den Willen des Kranken).
Um kranke Menschen während einer unfreiwilligen Spitalsaufnahme zu schützen, wurde vom Gesetz auch festgelegt, dass ein „Patientenanwalt“ die Anliegen der Kranken vertritt. Die „Patientenanwälte“ handeln völlig unabhängig vom psychiatrischen Versorgungssystem. In jedem Krankenhaus mit einer psychiatrischen Abteilung müssen „Patientenanwälte“ verfügbar sein.