Die Angehörigen-Selbsthilfe

Angehörige psychisch erkrankter Menschen

Die Familie, die nahen Angehörigen, die gebliebenen Freunde haben für die meisten Menschen mit psychischen Erkrankungen eine besondere, eine besonders große Rolle. Oft stellen Sie für längere Zeit die einzigen sozialen Kontakte dar, unterstützen und begleiten die Erkrankten, versuchen in Krisen und guten Zeiten für die Erkrankten da zu sein. Damit haben Angehörige eine wesentlichen Einfluss auf die Rahmenbedingungen, die für die Erkrankten hilfreich sein können – oder auch nicht. Die wichtige Rolle der Angehörigen als auch deren Bedarf wird in sozialpsychiatrischen Leitlinien (z.B. S3-Leitlinie – Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen; S3-Leitlinie Bipolar; S3-Leitlinie Schizophrenie) festgehalten, aber oft noch viel zu wenig im psychiatrischen Alltag berücksichtigt.

Angehörige versuchen zu helfen, zu unterstützen, aber sie sind dabei meist auf Informationen, Austausch, oder auch Beratung angewiesen, denn niemand weiß im Vorfeld, welche verschiedensten Anforderungen auf Angehörige zukommen. 

Information, Beratung: www.hpe.at 

Selbsthilfe

Wenn ein Familienmitglied von einer schweren psychischen Erkrankung betroffen ist, wirkt sich das auf die ganze Familie aus. Die Erkrankung steht im Mittelpunkt, umgeben von Unsicherheit, Angst, Wut und Scham, begleitet von sozialem Rückzug aller Familienmitglieder. Ein Familienleben wie es einmal war ist kaum mehr möglich. Die Angehörigen fühlen sich hilflos und alleine gelassen. Für viele stellt in dieser Situation das Gespräch mit jemanden, der ähnliches erlebt hat bzw. die Diskussion in einer Gruppe eine wichtige, oft die beste Hilfe dar.

Rund die Hälfte aller Angehörigen psychisch Erkrankter wünscht sich einen Erfahrungsaustausch mit anderen Angehörigen im Rahmen von Selbsthilfegruppen (Unger et al, 2005). 

Bei Menschen, die ähnliche Erfahrungen wie man selbst gemacht haben, findet man ein tiefes Verständnis, das sonst nicht möglich ist. Zu sehen, dass auch andere davon betroffen sind und bei anderen zu sehen, wie einzelne Schwierigkeiten bewältigt wurden erweitert das Handlungsrepertoire ungemein und wirkt sehr entlastend. Es entstehen stärkende soziale Netzwerke und gemeinsam erkannte strukturelle Probleme werden gemeinsam im Rahmen der Interessensvertretung an die entsprechenden Stellen herangetragen und bei Lösungen mitdiskutiert. 

Seit mehr als 40 Jahren bemüht sich HPE-Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter solche Selbsthilfegruppen zu initiieren, zu begleiten und zu fördern. 

Ziel der Selbsthilfegruppen ist es, Angehörigen, die oft an Grenzen der eigenen Belastbarkeit stoßen,  mit Information, Beratung, Austausch und Begleitung bei zu stehen. 

Selbsthilfe will Angehörige entlasten, ihre Selbsthilfekräfte und Ressourcen stärken, um …

  • psychischen, physischen und psychosomatischen Beschwerden vorzubeugen (Burn Out, Depressionen)
  • weiterhin ihre Erkrankten unterstützen zu können 
  • ein genesungsförderndes Umfeld zu schaffen 
  • ihre Erkrankten, die Therapien und Unterstützung ablehnen zu motivieren, Hilfen anzunehmen
  • durch entsprechende Informationen soziale Notlagen zu verhindern

In den neun Bundesländer-Vereinen sind mehr als 90 Selbsthilfegruppen österreichweit organisiert. Zu den meist monatlichen Treffen kommen rund 5-10 Personen, manchmal auch deutlich mehr. Dies bedeutet, dass in diesen meist zweistündigen Gruppentreffen mehr als 7.000 Kontakte (Gespräche, Erfahrungsaustausch, Anteilnahme, wechselseitige Hilfe, Stärkung und Motivation) stattfinden. 

Information, Beratung: www.hpe.at 

Beratung bei HPE

Zusätzlich gibt es in Wien eine Beratungsstelle der HPE, in der professionelle BeraterInnen (Psychologinnen, Sozialarbeiterinnen, …) Angehörigen persönlich, telefonisch aber auch online Beratung, Information und Unterstützung anbieten. Die Beratung ist kostenlos, vertraulich und ggf. auch anonym möglich.

Die Schwierigkeiten von Angehörigen psychisch Erkrankter sind ganz vielfältig. Bei der HPE erhalten sie professionelle Beratung, in der ihre individuelle Problemsituation im Mittelpunkt steht.

Folgende Inhalte können u.a. Thema der Beratungsgespräche sein:

  • Die psychische Erkrankung 
  • Verständnis für die Situation der/des psychisch Erkrankten 
  • Formen des Umgangs mit der/dem psychisch Erkrankten 
  • Einfluss der Erkrankung auf die zwischenmenschlichen Beziehungen 
  • Beachten der eigenen Lebenssituation 
  • Hilfsmöglichkeiten seitens der Angehörigen 
  • Möglichkeiten der finanziellen Absicherung 
  • Konkrete Hilfsangebote und Einrichtungen

Die psychische Erkrankung

  • Erscheinungsformen von psychischen Erkrankungen 
  • Erklärungsmodelle für deren Entstehung 
  • Therapie- und Rehabilitationsmöglichkeiten usw.

Verständnis für die Situation des/der psychisch Erkrankten

Informationen über Erklärungsmodelle, die das Denken, Fühlen, Wahrnehmen und Handeln des psychisch Erkrankten nachvollziehbar machen usw. 

Formen des Umgangs mit dem/der psychisch Erkrankten

  • Erarbeiten einer hilfreichen Kommunikation miteinander 
  • Hilfe beim Finden und Halten der Balance zwischen Fordern/Überfordern, Fürsorge/Autonomie und Nähe/Distanz 
  • Hilfe beim Erlernen neuer Strategien im Umgang mit dem störenden und schwierigen Verhalten des Erkrankten usw.

Einfluss der psychischen Erkrankungen auf die zwischenmenschlichen Beziehungen

  • Hilfe beim Wahrnehmen und Akzeptieren von Veränderungen in der Familie und in den familiären Rollen 
  • Hilfe beim Erkennen problematischer wechselseitiger Abhängigkeiten und Erwartungen usw.

Beachtung der eigenen Lebenssituation

Hilfe beim Wahrnehmen eigener Gefühle wie Überforderung, Angst, Wut aber auch eigener Wünsche und Bedürfnisse und Unterstützung beim Erarbeiten von Möglichkeiten, wie diese ausgedrückt bzw. erfüllt werden können usw.

Hilfsmöglichkeiten seitens der Angehörigen

  • Hilfe beim Erarbeiten von realistischen Unterstützungsmöglichkeiten für die/den Erkrankten 
  • Hilfe beim Erlernen von sinnvollen Formen des „Helfens“ 
  • Erkennen und Annehmen der Grenzen eigener Handlungsmöglichkeiten 
  • Hilfe beim Wahrnehmen von kleinen erfolgreichen Schritten in Richtung Besserung 
  • Hilfe beim Wahrnehmen und Fördern der gesunden Anteile in der Persönlichkeit der/des psychisch Erkrankten usw. 

Möglichkeiten der finanziellen Absicherung

  • Informationen über Rechtsansprüche und Unterstützung bei deren Durchsetzung (Berufsunfähigkeitspension, Sozialhilfe, erhöhte Familienbeihilfe, Mitversicherung, Pflegegeld…)
  • Informationen über Sachwalterschaft, Vermögensweitergabe,
  • Arbeitsversuche, Gefahren des Regresses usw.

Konkrete Hilfsangebote und Einrichtungen

Informationen über Arbeitsweisen von und Kontaktmöglichkeiten zu therapeutischen Einrichtungen wie Krankenhäuser, Tageskliniken, Ambulatorien, Psychiater, Psychotherapeuten, sowie Einrichtungen für Hilfen in Krisensituationen und in den Bereichen Wohnen, Arbeit, Beschäftigung, Freizeit, Tagesstruktur, soziale Kontakte usw.

Information, Beratung: www.hpe.at